Gedicht HERZKLOPFEN II
von Annegret Kronenberg
Ist es zu fassen,
dieses verrückte kleine Mädchen,
noch nicht einmal schulpflichtig,
verliebt es sich in einen
jungen englischen Besatzungssoldaten.
Weiß nichts von Feind und Freund,
da ist nur so etwas wie "Vertrauen".
Auf und ab mit dem klapp'rigen
Puppenwagen über das Kopfsteinpflaster
vor der Kaserne, in der er Dienst tut.
Vielleicht ist ja ein Blick von ihm
zu erhaschen, kann es ihm ein Lächeln abringen.
Ja, irgendwann bemerkt er das Kind,
schmunzelt und reicht ihm, etwas verlegen,
einen Riegel Schokolade.
Schamröte steigt dem Mädchen ins Gesicht,
und das kleine Herz rast vor Erregung.
Wie ein Kleinod vergräbt es die Schokolade
unter Kissen im Puppenwagen.
Zu Hause erschnuppert der Hund
den Riegel und lässt ihn sich schmecken.
Er ist ja nicht verliebt.
Es folgen noch etliche Schokoladenriegel,
ein Kauderwelsch von Worten
und schließlich ein Kontakt zur Familie des Kindes.
Es wird viel gelacht und lustig erzählt.
Aus der Kinderliebe erwächst eine tiefe Freundschaft.
Noch heute, er ist schon längst Urgroßvater,
bekommt das Kind von damals
Herzklopfen, wenn seine Stimme am Telefon erklingt.
Seit heute (24.01.2015)
schweigt diese Stimme für immer.
Eine siebzigjährige, innige Freundschaft
hat ihr Ende gefunden.
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