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Gedichte - Rainer Maria Rilke 1875-1926 |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:04

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Sappho an Eranna
Unruh will ich über dich bringen,
schwingen will ich dich, umrankter Stab.
Wie das Sterben will ich dich durchdringen
und dich weitergeben wie das Grab
an das Alles: allen diesen Dingen |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:06

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Schlaflied
Einmal wenn ich dich verlier,
wirst du schlafen können, ohne
dass ich wie eine Lindenkrone
mich verflüstre über dir?
Ohne dass ich hier wache und
Worte, beinah wie Augenlieder
auf deine Brüste, auf deine Glieder
niederlege, auf deinen Mund.
Ohne dass ich dich verschliess
und dich allein mit deinem lasse
wie einen Garten mit einer Masse
von Melissen und Stern-Anis. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:07

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Schlussstück
Der Tod ist gross,
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:09

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Tränen, Tränen, die aus mir brechen
Tränen, Tränen, die aus mir brechen,
Mein Tod, Mohr, Träger
meines Herzens, halte mich schräger,
daß sie abfließen. Ich will sprechen
Schwarzer, riesiger Herzhalter.
Wenn ich auch spräche,
glaubst du denn, dass das Schweigen bräche?
Wiege mich, Alter. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:11

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Vergiss
Vergiss und lass uns jetzt nur dieser Leben
Wie die Sterne durch geklärten Nachthimmel dringen
Wie der Mond die Gärten voll übersteigt
Wir fühlten längst schon
Wie es spiegelnder wird im Dunkel
Wie ein Schein entsteht
Ein weisser Schatten
In dem Glanz der Dunkelheit
Nun aber lass uns ganz hinübertreten
In die Welt hinein,
Die monden ist. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:13

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Vorfrühling
Härte schwand. Auf einmal legt sich Schonung
an der Wiesen aufgedecktes Grau.
Kleine Wasser ändern die Betonung.
Zärtlichkeiten, ungenau,
greifen nach der Erde aus dem Raum.
Wege gehen weit uns Land und Zeigens.
Unvermutet siehst du seines Steigens
Ausdruck in dem leeren Baum. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:18

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Wenn es nur einmal so ganz stille wäre
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -:
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:20

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Wir sind ganz angstallein ...
Wir sind ganz angstallein,
haben nur aneinander Halt,
jedes Wort wird wie ein Wald
vor unserm Wandern sein.
Unser Wille ist nur der Wind,
der uns drängt und dreht;
weil wir selber die Sehnsucht sind,
die in Blüten steht. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:21

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Ich bin so jung
Ich bin so jung. Ich *öchte jedem Klange,
der mir vorüberrauscht, mich schaudernd schenken,
und willig in des Windes liebem Zwange,
wie Windendes über dem Gartengange,
will meine Sehnsucht ihre Ranken schwenken,
Und jeder Rüstung bar will ich mich brüsten,
solang ich fühle, wie die Brust sich breitet.
Denn es ist Zeit, sich reisig auszurüsten,
wenn aus der frühen Kühle dieser Küsten
der Tag mich in die Binnenlande leitet. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:23

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Ich sehe dich, Rose,
halb geöffnetes Buch,
es enthält Seiten genug,
das Glück zu beschreiben,
und niemand wird sie entziffern.
Zauber-Buch
öffnet sich dem Wind und dem,
der versucht
mit geschlossenen Augen
zu lesen ...,
und Schmetterlingen,
die verwirrt entgleiten,
weil sie schon Gedanken
mit ihm teilen. |
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Verfasst am:
19.05.2006, 17:25

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Blaue Hortensie
So wie das letzte Grün in Farbentiegeln
sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh,
hinter den Blütendolden, die ein Blau
nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln.
Sie spiegeln es verweint und ungenau,
als wollten sie es wiederum verlieren,
und wie in alten blauen Briefpapieren
ist Gelb in ihnen, Violett und Grau;
Verwaschenes wie an einer Kinderschürze,
Nichtmehrgetragenes, dem nichts mehr geschieht:
wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze.
Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen
in einer von den Dolden, und man sieht
ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen. |
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Verfasst am:
31.08.2006, 16:57

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Mein Herz
Ich weiß nicht was ich habe,
mir ist ums Herz so schwer ...
Ums Herze? Ach, was sage ich -
ich hab doch keines mehr.
Seit ich, mein Glück, dich kenne,
du süßes Liebchen mein,
vom ersten Augenblicke
an wars ja doch schon dein.
O *ögest du es behalten,
damit es stets so blieb -
es soll ja dir gehören,
nur dir, mein süßes Lieb!
Gibs nie mehr mir zurücke -
es schlägt dir ja in Treu -
und willst du's nicht mehr haben -
mein Schatz, dann brichts entzwei. |
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Verfasst am:
16.11.2006, 15:33

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Die hohen Tannen
Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.
Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
Im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern,-
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit. |
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Verfasst am:
26.12.2006, 17:10

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Aber nun, da so vieles anders wird, ist es nicht an uns, uns zu verändern? Könnten wir nicht versuchen, uns ein wenig zu entwickeln, und unseren Anteil Arbeit in der Liebe langsam auf uns nehmen nach und nach? Man hat uns alle ihre *ühsal erspart, und so ist sie uns unter die Zerstreuungen geglitten, wie in eines Kindes Spiellade manchmal ein Stück echter Spitze fällt und freut und nicht mehr freut und endlich daliegt unter Zerbrochenem und Auseinandergenommenem, schlechter als alles. Wir sind verdorben vom leichten Genuß wie alle Dilettanten und stehen im Geruch der Meisterschaft. Wie aber, wenn wir unsere Erfolge verachteten, wie, wenn wir ganz von vorne begännen die Arbeit der Liebe zu lernen, die immer für uns getan worden ist? Wie, wenn wir hingingen und Anfänger würden, nun, da sich vieles verändert. |
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Verfasst am:
08.07.2007, 13:54

Gedichte
Rainer Maria Rilke 1875-1926
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Sommer
Sommer: für etliche Tage
Begleiter der Rosen zu sein;
was um erblühende Seelen
weht, das atmen wir ein.
Sehen in jeder, die stirbt,
eine Vertraute,
entschwundene Schwester, die wir
unter anderen Rosen überdauern. |
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